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Aufregung um Philipp-Lahm-Interview Maulkorb für M

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Aufregung um Philipp-Lahm-Interview

Maulkorb für Millionäre


Die Profis verpflichten sich vertraglich dazu, in der Öffentlichkeit keine Kritik am Arbeitgeber zu üben - das hohe Gut der Meinungsfreiheit zählt im Fußball nicht viel.

Von Wolfgang Roth

https://www.sueddeutsche.de/sport/aufregung-um-philipp-lahm-interview-maulkorb-fuer-millionaere-1.140776


Grundsätzlich kennt der Rechtsstaat keine rechtsfreien Räume. Zumal die Grundrechte unabdingbar sind und gegen den Willen des Einzelnen nur unter besonderen Umständen eingeschränkt werden können. Solche Sonderrechtsverhältnisse existieren zum Beispiel im Strafvollzug, im Militär oder für Beamte; es leuchtet ein, dass ein zu Freiheitsstrafe verurteilter Täter nicht das Recht auf Freizügigkeit beanspruchen kann.

Darf ein Fußballer wie Philipp Lahm die Einkaufspolitik seines Klubs kritisieren? (Foto: Getty)


Selbst in dieser Sphäre aber gelten Grundrechte insoweit, als sie nicht nach der Natur der Sache außer Kraft gesetzt sind. Das ist bei Profisportlern genauso wenig der Fall wie sonst im Arbeitsleben. Mithin steht Fußballern a priori dasselbe Recht auf freie Meinungsäußerung zu wie anderen Beschäftigten.

Ob sie nun mit einem Ball herumspielen, am Fließband eines Autoherstellers oder in einem Forschungslabor stehen - Arbeitern und Angestellten obliegt eine Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber. Diese besteht unter anderem aus der Pflicht, in der Öffentlichkeit Stillschweigen zu bewahren über Tatsachen, die zu einer Geschäftsschädigung führen können. Es ist ein weites Feld, weil darunter nicht nur ein monetärer Schaden verstanden wird, sondern auch der Verlust an Image und Ansehen.

Im Video: Im Video: Bayern-Fans äußern sich zur aktuellen Situation ihres Vereins. Eine Video-Umfrage.

Ob das im Fall von Philipp Lahm zutrifft, wird sicher von der Vereinsführung des FC Bayern anders gesehen als von jenem Teil der Öffentlichkeit, der mündige, auch freche Sportler bevorzugt oder - wie das Bundesverfassungsgericht - der Meinungsfreiheit einen sehr hohen Wert beimisst. Möglicherweise ist auch eine andere Ausprägung der Treuepflicht tangiert, die den Beschäftigten auferlegt, eine Störung des Betriebsfriedens zu vermeiden. Lahms Klage, andere Teams der europäischen Oberliga seien im Unterschied zu den Bayern auf sieben, acht Positionen erstklassig besetzt, wird seine Mitspieler nicht freuen, ist letztlich aber eine Kritik, die sich gegen das Management richtet: Es ist der Vorwurf systemloser Einkaufspolitik.

Die Welt des Profifußballs hat ihre Eigenheiten: Die finden sich in den Lizenzspielerverträgen des FC Bayern, die nach Aussage der Vereinsführung vorschreiben, dass jedes Interview nicht nur über den Club angefragt und organisiert, sondern auch von höchster Stelle autorisiert werden muss. Außerdem sei Kritik am Club, am Trainer und den Mitspielern "absolut tabu". Darauf lassen sich die Profis durch die Bank ein, auch auf einen sehr ins Detail gehenden Geldstrafenkatalog bei Verstößen gegen den Vertrag und sonstige interne Regeln.

Nach herrschender Meinung in der Rechtsabteilung der Deutschen Fußballliga können maximal drei Monatsgehälter fällig werden - angesichts der Millionengagen zwar happig, aber kein Armutsrisiko für Lahm und Kollegen. Geldstrafen ersetzen die im normalen Arbeitsleben üblichen Sanktionen, wo Arbeitgeber mit Verweisen, Abmahnungen oder Kündigungen auf vergleichbare Verstöße reagieren. Es hätte auch wenig Sinn, einen Spieler hinauszuwerfen, der für teures Geld geholt wurde, ist aber juristisch nur zulässig, wenn sich beide Seiten darauf einlassen.

Allerdings müssen Grundrechte im Kern beachtet werden; Vertragsklauseln, die an die Substanz gehen, sind unzulässig, auch wenn sie von beiden Partnern akzeptiert sind. Für den in Lizenzfragen versierten, auf Sport und Fußballspezialisierten Rechtsanwalt Christoph Schickhardt gilt eine klare Unterscheidung: Kein Spieler muss sich "abwatschen" lassen, er muss sich gegen sportliche Kritik wehren können - auch ohne Absprache mit dem Management.

Es sei aber indiskutabel, wenn sich ein Spieler oder Trainer in der Öffentlichkeit zur Vereinspolitik, zur Strategie seines Clubs äußert. Das hat Lahm zweifelsohne getan - ein ungewohnter Vorgang in einer Sphäre, die von nichtssagenden bis duckmäuserischen Interviews der Sportler beherrscht wird.

Wer von dieser ungewohnten, in der Sache konstruktiven Kritik angenehm überrascht ist, könnte argumentieren, dass das Riesengeschäft Profifußball auf Gedeih und Verderb die Öffentlichkeit braucht, die ständige und massive Begleitung durch die Medien. Eine Branche, die auch mit den staatlich garantierten Einnahmen der öffentlich-rechtlichen Sender alimentiert wird, könnte auch eine Verpflichtung haben, das hohe Gut der Meinungsfreiheit zu hegen und zu pflegen.

©SZ vom 10.11.2009

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